Montag, 14.07.2025, 18:10 Uhr // Medientheater /
Medienkunst von Studierenden der Humboldt-Universität
"Wie ist es möglich, dass man nicht derartig, im Namen dieser Prinzipien da, zu solchen Zwecken und mit solchen Verfahren [...] und von denen da regiert wird?" Mit diesen Worten umschrieb Michel Foucault das, was er im Jahr 1978 eine „kritische Haltung“ nannte. Die hier benannte Emanzipation gegenüber Institutionen, Regierungsformen und Tradiertem bildete den Ausgangspunkt für das Projektseminar "Medientheater und Kritik", in dem Studierende des Instituts für Kunst- und Bildgeschichte und des Instituts für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin gemeinsam gefragt haben, wie Kritik heute aussehen könnte. In den medienkünstlerischen Arbeiten, die im Rahmen des Seminars entstanden sind, geht es um Heimat und Zugehörigkeit, um die fortschreitende Kommerzialisierung der eigenen Persönlichkeit durch soziale Medien, um digitale und strukturelle Gewalterfahrungen (auch gegenüber Tieren) und nicht zuletzt um die Frage "Wie wollen wir lieben?"
PROGRAMM
Video & Performances
01 Commodify Yourself (Lila Arencibia González), Video, 1 min.
Ein Werbeclip, der kritisch und ironisch die fortschreitende Kommerzialisierung der menschlichen Persönlichkeit in den sozialen Medien aufdeckt. Sie sind erfolgreich zu einer Projektion, einem Produkt – einer Ware geworden. Die Social-Media-Persona ist nicht nur Selbstdarstellung – sie ist eine neoliberale Ware, die von unsichtbarer digitaler Arbeit, algorithmischem Druck und wirtschaftlichen Anreizen geprägt wird.
02 360 (Savina Elettrico), Video, 11 min.
Ein statisches Bild. Ein wiederholter Akt. Ein Körper als Projektionsfläche. Diese filmische Geste gibt 360 Frauen eine letzte Bühne – und wird zur stillen Kritik an der strukturellen Gewalt gegen Frauen. Hinweis: Dieser Film könnte visuell gewaltvoll wirken und Assoziationen mit Blut hervorrufen
03 Ambient Suspension (Thomas Loewen, Merve Arslan, Katarina Jezidzic), Video, ca. 10 min.
Berlin. Ein Ort des ständigen Wandels. Ein Ort, in dem sich das Gefühl von Heimat und Zugehörigkeit verändert. Ein Schwebezustand, in dem man zwar irgendwo ist, aber nie ganz „da“. Unser Projekt stellt den Bildern vom „hippen Sehnsuchtsort Berlin“ ein subjektives, fragmentiertes Stadtporträt entgegen. Eines, das von Zwiespalt, Sehnsucht und Unsicherheit geprägt ist.
04 Erkenntnisurteil (Sigi Bahr) Video, 10 min.
Ein Klangexperiment zwischen Philosophie und Social Media, das Kants Kritik der Urteilskraft mit dem ewigen Rauschen von Hasskommentaren konfrontiert. Ein Appell an die Vernunft gegen eine affektgetriebene, vermeintliche Kritik, die sich schließlich doch nur in entlarvender Selbstdarstellung wiederfindet.
05 Beziehungsstatus: Kritisch (Félicia Schmitt, Paul-Etienne Geissler),Video, 10 min.
Was ist eine normale Beziehung? Die Art, in der Menschen ihre romantische Beziehung ausleben und sich binden, erscheint als Ausdruck oder Widerstand – gegen gesellschaftliche Normen. In unserem Videoessay geht es nicht um eine empirische Vermessung von Beziehungsmodellen, sondern um eine Annäherung an die Frage, wie "normale Liebe" ausgelebt wird – beantwortet von Stimmen, die in der Schwebe stehen, zwischen dem, was ihnen vorgelebt wurde, und dem, was sie leben möchten.
06 Aquatopia (Emre Tolanboğa, Micha Fischer), Lecture-Performance, 10 min. (Nano Cube, Aquasoil, Wasser, Sezierset, Video)
Welten, die dem Äther entschwinden und sich in den Tiefen der Gewässer dem Blick entziehen, sind für den Mensch im Anthropozän kein Hindernis, ebendiese verborgenen Welten zu extrahieren, auszustellen und zu bewundern. Aquatopia untersucht die Faszination der Aquaristiker, indem das Hobby als Performanz vorgeführt wird.
Konzeption & Organisation: Merve Arslan, Sigi Bahr, Savina Elettrico, Micha Fischer, Paul-Etienne Geissler, Lila Arencibia González, Katarina Jezidzic, Thomas Loewen, Félicia Schmitt, Emre Tolanboğa.
Leitung: Florian Leitner & Katja Müller-Helle.
Technischer Support: Erik A. Reinhardt.